Kunstpreis der Stadt Krumbach 2013

Aus der Laudatio zum Kunstpreis der Stadt Krumbach, 12.3.2013:

Heimat ist anderswo ist ein Buchobjekt und Teil einer geplanten mehrteiligen Reihe: bisher sind davon zwei Alben fertiggestellt, ein weiteres ist im Entstehen. Die Künstlerin selbst erweitert die Titelaussage zu einem Bedingungssatz: „Heimat, hat man sie einmal verloren, ist immer anderswo“. Was im ersten Moment tautologisch klingt, löst Fragen aus: Kann man Heimat wiederfinden? Kann man sie nur in der Vergangenheit haben oder ist Heimat am Ende eher eine Utopie oder ein Trauma? Diese allgemeinen Fragen erfasst und verarbeitet Erika Kassnel-Henneberg in einer sehr persönlichen, ruhigen Weise, die den Betrachter jedoch nicht ausschließt, sondern ihn durch sinnliche Präsenz anlockt: Alte Fotoalben werden aufwendig restauriert, mit golden eingerahmten, an Ikonenmalerei erinnernden Bildfenstern versehen und dann mit persönlichem Material bestückt: Die Fotos sind zum kleineren Teil historische Relikte, zum größeren aber eigene Aufnahmen der Künstlerin, die meisten davon Schnappschüsse aus dem fahrenden Auto heraus; damit wird schon formal das Reisen, das Suchen, das Nicht-Zu-Hause-Sein angesprochen. Gleichzeitig spiegeln die neuen und mit einer digitalen Patina belegten Bilder die Schwierigkeiten der Suche nach Heimat: sie sind Sehnsuchtsbild und Fake zugleich, immer wieder versuchte Aneignung der Vergangenheit und Suche nach der eigenen Position in der Gegenwart. Das Werk ist kein spektakulärer ,,Hingucker“ – es ist eine „leise“ konsequent durchgeformte Arbeit, die umso mehr Seiten entfaltet, und umso mehr Saiten zum Klingen bringt, je mehr man sich Zeit mit ihr lässt.“