Am Horizont Utopia

StartKunstpreis

Im Jahr 2022 wurde der Kunstpreis des Landkreises Augsburg in der Kategorie Bildende Kunst zweidimensional zum ersten Mal an zwei Künstlerinnen vergeben: Andrea Sandner, die in ihren Gemälden mittels bunter Streifen vielschichtige Farbräume entwirft, und Erika Kassnel-Henneberg, die in ihrem multimedialen Gesamtwerk komplexe Themen wie Erinnerung, Identität und Heimat reflektiert. Die Sonderschau in der Schwäbischen Galerie widmet sich damit zwei Kunstschaffenden aus dem Landkreis Augsburg, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Am Horizont Utopia lädt dazu ein, sich auf die kontemplative Wirkung von Andrea Sandners Horizonte und Pole einzulassen, dem visuellen Rhythmus der Farbklänge zu folgen. Im Kontext dieser wichtigen Werkgruppe werden weitere Serien der Künstlerin wie Architekturen und übermalte Fotografien gezeigt.

Der große Raum im Obergeschoss bietet einen Einblick in das vielfältige Schaffen von Erika Kassnel-Henneberg. In Videoarbeiten, Collagen und Objekten setzt sich die in Rumänien geborene Künstlerin nicht nur mit Rollenbildern, sondern auch mit der eigenen Herkunft, der Frage nach Identität und der Bedeutung von Erinnerungen auseinander.

Virtueller Rundgang

12. Mai bis 2. Juli 2023

Sonderausstellung zum Kunstpreis 2022 des Landkreises Augsburg, Erika Kassnel-Henneberg und Andrea Sandner Kunstpreisträgerinnen des Landkreises Augsburg

Vernissage: Donnerstag, 11. Mai 2023, 19 Uhr
Schwäbische Galerie im Museum Oberschönenfeld, Oberschönenfeld 4, 86459 Gessertshausen
www.mos.bezirk-schwaben.de

https://www.bezirk-schwaben.de

Flyer

Vernissage am 11.05.2023

Kunstpreisträgerinnen 2022

„Die Medien von Erika Kassnel-Henneberg sind Collage, Fotografie und Video. Die Inhalte ihrer Arbeiten kreisen um eigene wie gefundene Erinnerungen und deren künstlerische Reflexion. Im Mittelpunkt ihres Interesses steht stets der Mensch mit seiner subjektiven Wahrnehmung und seiner Fähigkeit sich zu erinnern, zu vergessen, zu assoziieren und bewusst oder unbewusst seine je eigene Utopie zu erschaffen. Dabei charakterisiert die Künstlerin das Vergessen als eine Fähigkeit, nicht als Manko. Diesen ihr eigenen Ansatz bettet sie zugleich in eine erweiterte, existenzielle Fragestellung ein. „Heute wissen wir, dass Erinnerung weder wahr, noch objektiv, noch vollständig ist. Wir legen Spuren, sammeln Dokumente und Fotografien, und archivieren diese. Ich sehe darin einen existenziellen Zweifel: Wer bin ich wirklich, wenn ich meinem und dem Gedächtnis anderer nicht trauen kann? Wenn ich keine Spuren hinterlasse, habe ich dann jemals existiert?“

Schon in ihren früheren Collagearbeiten, die von hoher ästhetischer Qualität sind, und von sensiblem Umgang mit den verwendeten Materialien zeugen, spiegelt sich die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte wieder. Als Betrachtende finden wir in diesen aus Zeichnung, Frottage, diversen Papieren, Fotos und Wachs zusammengefügten künstlerischen Bildern immer wieder ein grundsätzliches Nachdenken über das Wesen von Erinnerung. Dies zeigt sich auch in den Polaroids der Künstlerin, die eine konzentrierte, eigene Werkgruppe darstellen. Technische Beobachtungen (z.B. des „Rauschens“ als einer physikalischen Größe) schlagen sich hier in eigenen ästhetischen Entwürfen nieder: „Die Polaroidkamera macht Erinnerung sichtbar. Sie hat einen subjektiven und fehlerhaften Blick auf die Welt. In ihr rauscht die Gegenwart und hinterlässt einen vagen Blick auf Vergangenes“. Diesen finden wir auch in den experimentellen Videoarbeiten, die bei aller technischen Raffinesse manchmal fast wie bewegte, verblichene Bilder aus einem Familienalbum vergangener Tage wirken. All das zusammen ergibt einen homogenen künstlerischen Gesamtentwurf, der mit dem äußerst gewissenhaft aufgebauten CV in der Bewerbungsschrift der Künstlerin überzeugend in Einklang steht.“

Auszug aus der Begründung der Jury zur Kunstpreisverleihung 2022 am 26.09.2022

Kunstpreis der Stadt Krumbach 2013

Aus der Laudatio zum Kunstpreis der Stadt Krumbach, 12.3.2013:

Heimat ist anderswo ist ein Buchobjekt und Teil einer geplanten mehrteiligen Reihe: bisher sind davon zwei Alben fertiggestellt, ein weiteres ist im Entstehen. Die Künstlerin selbst erweitert die Titelaussage zu einem Bedingungssatz: „Heimat, hat man sie einmal verloren, ist immer anderswo“. Was im ersten Moment tautologisch klingt, löst Fragen aus: Kann man Heimat wiederfinden? Kann man sie nur in der Vergangenheit haben oder ist Heimat am Ende eher eine Utopie oder ein Trauma? Diese allgemeinen Fragen erfasst und verarbeitet Erika Kassnel-Henneberg in einer sehr persönlichen, ruhigen Weise, die den Betrachter jedoch nicht ausschließt, sondern ihn durch sinnliche Präsenz anlockt: Alte Fotoalben werden aufwendig restauriert, mit golden eingerahmten, an Ikonenmalerei erinnernden Bildfenstern versehen und dann mit persönlichem Material bestückt: Die Fotos sind zum kleineren Teil historische Relikte, zum größeren aber eigene Aufnahmen der Künstlerin, die meisten davon Schnappschüsse aus dem fahrenden Auto heraus; damit wird schon formal das Reisen, das Suchen, das Nicht-Zu-Hause-Sein angesprochen. Gleichzeitig spiegeln die neuen und mit einer digitalen Patina belegten Bilder die Schwierigkeiten der Suche nach Heimat: sie sind Sehnsuchtsbild und Fake zugleich, immer wieder versuchte Aneignung der Vergangenheit und Suche nach der eigenen Position in der Gegenwart. Das Werk ist kein spektakulärer ,,Hingucker“ – es ist eine „leise“ konsequent durchgeformte Arbeit, die umso mehr Seiten entfaltet, und umso mehr Saiten zum Klingen bringt, je mehr man sich Zeit mit ihr lässt.“

Art Award Krumbach 2013

From the laudation for the Art Award of the City of Krumbach, 12.3.2013

Home is Somewhere Else is a book object and part of a planned multi-part series: so far, two albums have been completed, another is in the making. The artist herself expands the title statement into a conditional sentence: „Home, once you have lost it, is always somewhere else“. What at first sounds tautological triggers questions: Can one find home again? Can one only have it in the past or is home in the end rather a utopia or a trauma? Erika Kassnel-Henneberg captures and processes these general questions in a very personal, quiet way that does not, however, exclude the viewer but attracts him or her through sensual presence: old photo albums are elaborately restored, provided with gold-framed picture windows reminiscent of icon painting and then filled with personal material: The photos are to a lesser extent historical relics, but to a greater extent the artist’s own photographs, most of them snapshots taken from a moving car; this already formally addresses travelling, searching, not being at home. At the same time, the new pictures, covered with a digital patina, reflect the difficulties of the search for home: they are images of longing and fakes at the same time, repeatedly attempted appropriations of the past and the search for one’s own position in the present. The work is not a spectacular „eye-catcher“ – it is a „quiet“, consistently formed work that unfolds all the more sides and makes all the more strings sound, the more you take your time with it.“